Die Rolle der Freund*innen Vertiefung

Die Rolle der Freund*innen

VERTIEFUNG

Ein*e Freund*in hat sexualisierte Gewalt erlebt.

Wenn ein*e Freund*in dir von einem Erlebnis sexualisierter Gewalt erzählt, ist das heftig. Aber es ist gut, dass er*sie sich mitgeteilt hat. Oft ist es für die Betroffenen schwierig, darüber zu sprechen. Sie schämen sich, fühlen sich machtlos und haben oft Angst, dass niemand ihnen glaubt. Vielleicht fürchten sie auch, dass sie in deinen Augen ein Opfer sind.

Deshalb ist es wichtig, erst mal zuzuhören und das Erlebte nicht herunterzuspielen. Vor allem solltest du auf Fragen wie „Warst du betrunken?“ oder „Hast du auch deutlich nein gesagt?“ verzichten. Dieses „Victim Blaming“, also die Schuldumkehr, vermittelt dem Opfer, dass es schuld ist oder zumindest Mitschuld an der Tat hat. 

Versuche einfühlsam zu sein, aber passe auch auf dich selbst auf und mache den Schmerz deines*deiner Freund*in nicht zu deinem eigenen. Mitgefühl ist gut, aber wenn es dich zu sehr belastet, dann kannst du deine*n Freund*in nicht mehr richtig unterstützen. Versuche, ihm*ihr den Rücken zu stärken. Überlegt gemeinsam, was ihr nun tun könnt. Sinnvoll ist es immer, sich Hilfe zu suchen, entweder bei erwachsenen Vertrauenspersonen aus eurem Umfeld oder bei einer professionellen Beratungsstelle. Die kennen sich aus und wissen, was zu tun ist. Es ist außerdem völlig in Ordnung, wenn auch du dir selbst Hilfe und jemanden zum Reden suchst. Du musst mit diesem schwierigen Thema nicht allein zurechtkommen!

Ein*e Freund*in hat sexualisierte Gewalt beobachtet und nichts unternommen.

Jugendliche, die sexualisierte Gewalt beobachten, wissen oft nicht, was sie tun sollen und haben Angst. Sie befürchten, etwas falsch zu machen, sich selbst in Gefahr zu bringen oder ausgegrenzt zu werden. Wenn ein*e Freund*in von dir Bystander sexualisierter Gewalt geworden ist, fühlt er*sie sich vermutlich schuldig, nichts unternommen zu haben. Mache ihm*ihr also keine Vorwürfe, sondern überlegt gemeinsam, wo ihr um Hilfe bitten könnt – entweder direkt bei einer Beratungsstelle oder bei einer erwachsenen Person, der ihr vertrauen könnt.

Ein*e Freund*in hat sexualisierte Gewalt ausgeübt.

Wenn du mitbekommst oder vermutest, dass ein*e Freund*in übergriffig geworden ist, dann kann das sehr belastend für dich sein. Suche dir dann Unterstützung, bei Eltern, einer Fachkraft, einer anderen erwachsenen Vertrauensperson oder direkt bei einer Beratungsstelle. Gemeinsam könnt ihr überlegen, was die nächsten Schritte sein sollen. 

Wenn du mit deinem*deiner Freund*in redest, darfst du auf jeden Fall klar Stellung beziehen und ihn*sie wissen lassen, dass die Handlung nicht okay war. Wenn die Person ihren Fehler zugibt, kannst du sie dabei unterstützen, Hilfe zu suchen. Einen Fehler zugeben fällt uns Menschen oft schwer, daher ist es gut, dass dein*e Freund*in mit dir reden kann. Trotzdem solltet ihr im weiteren Verlauf professionelle Hilfe suchen. Die Mitarbeitenden von Beratungsstellen wissen, was zu tun ist, und können dich und deine*n Freund*in unterstützen.

Schwierig wird es auch, wenn dein*e Freund*in überhaupt nicht darüber sprechen will, alles abstreitet oder sich von dir abwendet. In diesem Fall willst du vielleicht alles wieder gut machen, nimmst alles zurück, schweigst ... und fühlst dich trotzdem nicht unbedingt besser. Dann ist es super wichtig, dir Unterstützung zu holen. Freund*innen sind manchmal zu dicht dran, deshalb helfen dann die Profis am Hilfe-Telefon Sexueller Missbrauch (0800 22 55 530 bundesweit, kostenlos und bei Bedarf anonym) weiter.